Lundehund
Der Norwegische Lundehund ist eine faszinierende und uralte Hunderasse mit einzigartigen anatomischen Merkmalen. Oft auch als "Papageientaucherhund" bezeichnet (Lunde bedeutet Papageientaucher im Norwegischen), wurde dieser kleine Spitztyp ursprünglich gezüchtet, um in den steilen Klippen Norwegens Papageientaucher zu jagen. Was den Lundehund besonders macht, sind seine außergewöhnlichen körperlichen Anpassungen: Er besitzt mindestens sechs voll funktionsfähige Zehen an jeder Pfote, hochflexible Gelenke in Hals und Schultern sowie Ohren, die er verschließen kann. Diese bemerkenswerten Eigenschaften ermöglichten es ihm, sich in tückischem Gelände zu bewegen und Vögel aus engen Felsspalten zu holen. Wenn du einen intelligenten, agilen und treuen Begleiter mit einer ganz besonderen Geschichte suchst, könnte der Lundehund genau das Richtige für dich sein. Er ist ein aktiver und aufgeweckter Hund, der sowohl körperlich als auch geistig gefordert werden möchte.
Herkunft & Geschichte
Die Wurzeln des Lundehunds reichen weit zurück bis ins 16. Jahrhundert, möglicherweise sogar noch weiter. Seine Heimat ist die zerklüftete Küstenregion Norwegens, insbesondere die Insel Værøy im Lofoten-Archipel. Hier wurde er über Jahrhunderte hinweg als unverzichtbarer Gehilfe bei der Jagd auf Papageientaucher (Lunde) eingesetzt, eine wichtige Nahrungs- und Einkommensquelle für die lokale Bevölkerung. Seine einzigartigen körperlichen Merkmale – die sechs Zehen und die extreme Gelenkigkeit – entwickelten sich durch Selektion für diese spezielle Aufgabe. Ohne den Lundehund wäre die Jagd in den steilen Klippen kaum möglich gewesen.
Im 19. Jahrhundert, als die Jagd auf Papageientaucher durch Netze und später durch gesetzliche Verbote obsolet wurde, schrumpfte die Population des Lundehunds dramatisch. Er stand zweimal am Rande des Aussterbens, einmal während des Zweiten Weltkriegs und erneut in den 1960er Jahren durch eine Staupe-Epidemie. Dank engagierter Züchter, die die letzten Exemplare retteten und einen Zuchtpool aufbauten, konnte die Rasse überleben und erfreut sich heute wieder einer kleinen, aber stabilen Anhängerschaft weltweit. Die Geschichte des Lundehunds ist ein beeindruckendes Beispiel für die Anpassungsfähigkeit und den Überlebenswillen einer Rasse.
Aussehen
Der Lundehund ist ein kleiner bis mittelgroßer Spitztyp mit einem rechteckigen Körperbau, typischem Spitzkopf und einem über dem Rücken geringelten Schwanz. Rüden erreichen eine Schulterhöhe von 35-39 cm, Hündinnen 32-37 cm. Sein auffälligstes Merkmal sind jedoch die einzigartigen anatomischen Anpassungen.
Besondere Merkmale:
- Polydaktylie: Jede Pfote besitzt mindestens sechs voll entwickelte Zehen, die dem Hund hervorragende Trittsicherheit auf unebenem Untergrund ermöglichen.
- Extreme Gelenkigkeit: Seine Schultergelenke erlauben ein seitliches Ausstrecken der Vorderläufe. Die Halswirbelsäule ist ebenfalls sehr flexibel, sodass er den Kopf weit nach hinten biegen kann, um sich in engen Felsspalten zu bewegen.
- Verschließbare Ohren: Die Ohren können nach hinten gefaltet und verschlossen werden, was vor Wasser und Schmutz schützt – eine perfekte Anpassung an seine ursprüngliche Aufgabe.
Das Fell ist ein dichtes, kurzes bis mittellanges Stockhaar mit weicher Unterwolle. Die Farben reichen von rötlich-braun bis falbfarben, oft mit schwarzen Haarspitzen und weißen Abzeichen.
Wesen, Temperament & Familienhund-Qualitäten
Der Lundehund ist ein Hund voller Lebensfreude und Intelligenz. Er besitzt ein aufgewecktes, neugieriges Wesen und ist stets bereit, Neues zu entdecken. Seine jagdlichen Wurzeln machen ihn zu einem aufmerksamen und wachsamen Begleiter. Fremden gegenüber kann er anfangs zurückhaltend sein, ist seiner Familie gegenüber aber loyal und anhänglich.
Als Familienhund:
In der Regel ist er freundlich und geduldig mit Kindern, wenn diese den respektvollen Umgang gelernt haben. Eine frühe und umfassende Sozialisierung ist entscheidend für einen ausgeglichenen Hund. Er kommt oft gut mit anderen Hunden und Haustieren zurecht, frühzeitige Gewöhnung vorausgesetzt. Beachte jedoch seinen ursprünglichen Jagdtrieb, der bei Kleintieren zum Vorschein kommen kann.
Manchmal zeigt der Lundehund eine gewisse Eigenständigkeit und einen leichten Dickkopf. Mit Konsequenz und positiver Bestärkung lässt sich dies gut handhaben. Er ist kein Sofahund; er braucht sowohl körperliche als auch geistige Beschäftigung. Wenn du ihm das bieten kannst, gewinnst du einen charmanten, aktiven und liebenswerten Familienbegleiter.
Erziehung
Die Erziehung eines Lundehunds erfordert Geduld, Konsequenz und ein Verständnis für seine Intelligenz und seinen eigenständigen Charakter. Er lernt schnell, hinterfragt aber auch gerne Anweisungen. Eine Erziehung, die auf positiver Bestärkung und Motivation aufbaut, ist erfolgreicher als reiner Gehorsam.
Wichtige Aspekte:
- Positive Bestärkung: Belohne gewünschtes Verhalten, um Motivation und Bindung zu stärken.
- Konsequenz: Sei immer klar und eindeutig in Kommandos und Regeln.
- Frühzeitige Sozialisierung: Mache ihn schon als Welpen mit verschiedenen Umgebungen, Geräuschen, Menschen und Hunden vertraut.
- Jagdtrieb managen: Ein zuverlässiger Rückruf ist essenziell. Übe ihn intensiv und nutze gegebenenfalls eine Schleppleine.
- Mentale Auslastung: Fordere seinen Kopf mit Intelligenzspielen oder Hundesport. Ein unterforderter Lundehund kann unerwünschtes Verhalten entwickeln.
Bedenke, dass der Lundehund auch mal einen "Puffin-Modus" einlegen kann, bei dem er seine Umgebung ignoriert. Bleibe ruhig, geduldig und hartnäckig. Mit der richtigen Herangehensweise wird er ein gut erzogener und angenehmer Begleiter.
Haltung
Der Lundehund ist ein aktiver und ausdauernder Hund, der eine passende Haltung benötigt. Obwohl er keine riesigen Flächen braucht, ist er kein reiner Wohnungshund, der mit zwei kurzen Gassirunden zufrieden ist. Er benötigt täglich ausreichend Bewegung und mentale Anregung.
Wichtige Haltungsaspekte:
- Bewegungsbedarf: Plane täglich mehrere Spaziergänge ein, davon mindestens eine längere Tour zum Austoben. Er liebt es, zu rennen, zu klettern und zu erkunden.
- Beschäftigung: Neben körperlicher Aktivität braucht er Kopfarbeit. Hundesportarten wie Agility, Obedience oder Suchspiele lasten ihn geistig aus.
- Sicherer Auslauf: Wegen seines Jagdtriebs solltest du ihn in ungesicherten Gebieten nicht von der Leine lassen. Ein sicher eingezäunter Garten ist wichtig; bedenke, dass er ein Kletterer und Buddelkünstler sein kann.
- Soziale Bedürfnisse: Er ist ein Rudeltier und braucht den Anschluss an seine Familie. Längeres Alleinsein kann Verhaltensprobleme verursachen.
Die Haltung in einer Stadtwohnung ist möglich, wenn du ihm täglich ausreichend Auslauf und Beschäftigung bieten kannst. Wichtiger als die Wohnungsgröße ist die Zeit und Energie, die du investierst. Er passt gut zu aktiven Singles, Paaren oder Familien.
Pflege
Die Pflege des Lundehunds ist insgesamt unkompliziert und wenig zeitaufwendig, dank seines wetterfesten Stockhaars. Du solltest jedoch einige Dinge beachten.
Wichtige Pflegemaßnahmen:
- Fellpflege: Regelmäßiges Bürsten ist nötig, besonders während des Fellwechsels (Frühling/Herbst), um lose Unterwolle zu entfernen. Außerhalb dieser Zeit reicht 1-2 Mal pro Woche.
- Pfotenpflege: Kontrolliere die besonderen Pfoten mit den zusätzlichen Zehen regelmäßig auf Fremdkörper. Achte auf die Krallenlänge, besonders der "Daumenkrallen", die sich nicht natürlich abnutzen.
- Ohrenpflege: Seine verschließbaren Ohren sind meist selbstreinigend. Kontrolliere sie dennoch regelmäßig auf Schmutz oder Entzündungen, besonders nach feuchtem Gelände.
- Zahnpflege: Regelmäßige Zahnpflege ist wichtig, um Zahnstein vorzubeugen. Gewöhne ihn frühzeitig an das Zähneputzen oder biete Kauspielzeuge an.
Insgesamt ist der Lundehund ein pflegeleichter Hund, der mit etwas Aufmerksamkeit für seine spezifischen Merkmale bestens versorgt ist.
Gesundheit & Lebenserwartung
Der Norwegische Lundehund gilt im Allgemeinen als eine robuste und gesunde Rasse. Aufgrund des kleinen Genpools nach den Beinahe-Aussterben ist Inzucht ein potenzielles Problem, das seriöse Züchter jedoch sorgfältig managen. Ein bekanntes rassespezifisches Gesundheitsproblem ist das Lundehund-Syndrom.
Das Lundehund-Syndrom:
Dies ist eine chronische Darmerkrankung (intestinale Lymphangiektasie), bei der die Lymphgefäße im Darm erweitert sind und Proteine, Fett und Lymphozyten verloren gehen. Symptome sind Durchfall, Erbrechen, Gewichtsverlust. Eine genetische Prädisposition wird vermutet. Frühe Diagnose, spezielle Diät und medikamentöse Behandlung können die Lebensqualität verbessern.
Andere Erkrankungen sind eher selten. Achte beim Welpenkauf darauf, dass die Elterntiere auf relevante Erbkrankheiten untersucht wurden. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Lundehunds liegt bei 12 bis 15 Jahren. Mit guter Pflege, artgerechter Haltung und regelmäßigen Tierarztbesuchen kann dein Lundehund ein langes und erfülltes Leben führen.
Worauf du vor dem Kauf achten solltest
Der Kauf eines Lundehunds ist eine gut überlegte Entscheidung. Da es eine seltene Rasse ist, ist die Auswahl an Züchtern begrenzt, was die Suche nach einem seriösen Anbieter umso wichtiger macht.
Wichtige Punkte vor dem Kauf:
- Seriöser Züchter: Wähle einen Züchter, der einem anerkannten Rasseclub angehört. Er achtet auf Gesundheit, Wesen und Zuchtstandards.
- Gesundheitschecks: Lasse dir Gesundheitszeugnisse der Elterntiere zeigen, besonders bezüglich des Lundehund-Syndroms.
- Umfeld des Welpen: Besuche den Züchter, lerne Welpen und Elterntiere kennen. Achte auf ein sauberes, liebevolles Umfeld und gute Sozialisierung.
- Fragen stellen: Scheue dich nicht, viele Fragen zu stellen. Ein guter Züchter gibt dir Auskunft und fragt auch dich.
- Wartezeiten: Sei auf längere Wartezeiten eingestellt, da es nur wenige Würfe gibt.
- Vertrag & Papiere: Ein seriöser Züchter händigt dir Kaufvertrag, Ahnentafel, Impfpass und Mikrochip-Registrierung aus.
Wähle deinen Lundehund mit Bedacht, und du wirst einen einzigartigen und treuen Freund an deiner Seite haben.
Fragen und Antworten
Häufig gestellte Fragen zum Lundehund:
- Ist der Lundehund für Anfänger geeignet?
Ja, mit der Bereitschaft zur Konsequenz und Geduld kann der Lundehund auch für engagierte Anfänger geeignet sein. Sein intelligentes, aber manchmal eigenständiges Wesen erfordert jedoch eine solide Erziehung und Sozialisierung. Er ist kein Hund, der sich von selbst erzieht.
- Braucht der Lundehund viel Auslauf?
Ja, er ist sehr aktiv und ausdauernd. Täglich mehrere Spaziergänge, davon mindestens eine längere Tour, sind wichtig. Auch geistige Beschäftigung und Spiel sind essenziell, um ihn auszulasten.
- Haart der Lundehund stark?
Er hat ein doppeltes Fell und haart mäßig, während des saisonalen Fellwechsels (Frühling und Herbst) jedoch stärker. Regelmäßiges Bürsten hilft, die Menge der Haare im Haus zu reduzieren.
- Kann der Lundehund gut alleine bleiben?
Als Rudeltier ist er gerne in Gesellschaft seiner Familie. Mit Gewöhnung und ausreichend vorheriger Beschäftigung kann er einige Stunden alleine bleiben, aber er sollte nicht über den Großteil des Tages isoliert werden, um Verhaltensprobleme zu vermeiden.
- Ist der Lundehund kinderfreundlich?
Ja, in der Regel ist er kinderlieb und geduldig, wenn der Umgang mit Hunden respektvoll ist. Eine gute Sozialisierung im Welpenalter und klare Regeln für Kinder sind wichtig.